GERICHTSDOLMETSCHER:IN WERDEN

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ANFORDERUNGEN DES BERUFS

Übersetzer:innen und Dolmetscher:innen, die hohe professionelle Qualifikationen aufweisen, sind für das Justizsystem unentbehrlich. Für die Tätigkeit erforderlich sind:

  • einwandfreie Kenntnisse der Hochsprache (Deutsch und Fremdsprache in Hinsicht auf Grammatik, Syntax und Orthographie, d. h. mind. Niveau C1 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen), sowie Jargon und Dialekt
  • Kenntnisse der Grundzüge des Rechts- und Gerichtswesens Österreichs sowie jener Länder, in denen die betreffende Sprache Amtssprache ist.
  • Beherrschung der Rechts- und Wirtschaftsterminologie in beiden Sprachen
  • gründliche Kenntnis der Terminologien anderer Fachgebiete wie z. B. Medizin, Technik u. Ä.
  • Beherrschung der gängigen Übersetzungs- und Dolmetschtechniken aus dem Deutschen in die Fremdsprache als auch aus der Fremdsprache ins Deutsche (z. B. Vom-Blatt-Übersetzen, Konsekutivdolmetschen, Simultan-/Flüsterdolmetschen). Eine Beschränkung auf nur eine Richtung ist nicht möglich.
  • Anwendung von äußerster Sorgfalt, Genauigkeit und Richtigkeit. Gerichtsdolmetscher:innen sind Urkundspersonen und bei mangelhaften Sprachdienstleistungen kann eine Haftungsklage drohen.
  • Einhaltung des Berufskodex
  • Pflicht zur Ausübung der Tätigkeit. Wiederholte Weigerungen, einer Ladung nachzukommen oder einen Auftrag auszuführen, können die Streichung der Eigenschaft als Gerichtsdolmetscher:in zur Folge haben.
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ZULASSUNGSVORAUSSETZUNGEN

Wenn Sie sich für die interessante Tätigkeit als Gerichtsdolmetscher:in entschlossen haben, erkundigen Sie sich beim Präsidenten des Landesgerichtes Ihres Sprengels, welche Unterlagen Ihrem Prüfungsansuchen anzuschließen sind (z. B. Geburtsurkunde, Strafregisterbescheinigung, Staatsbürgerschaftsnachweis, Lebenslauf, Meldebestätigung, Diplomzeugnisse, Heiratsurkunde bei Namensänderung, Referenzen bzw. Praxisnachweise, Passbilder).
 
Das Bundesgesetz über die allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher (SDG) sieht als Eintragungsvoraussetzung vor:
 
·       Nachweis über eine 1-jährige Berufstätigkeit als Übersetzer:in und Dolmetscher:in in den letzten drei Jahren vor der Eintragung bei abgeschlossenem Studium der Translationswissenschaft (mindestens 240 ECTS) oder eines (Postgraduate-)Universitätslehrgangs (mindestens 60 ECTS) in den Prüfungssprachen
·       Nachweis über eine 3-jährige Berufstätigkeit als Übersetzer:in und Dolmetscher:in den letzten fünf Jahren vor der Eintragung ohne abgeschlossenes Studium der Translationswissenschaft in den Prüfungssprachen
 
Bitte beachten Sie, dass für Absolventen eines im (v. a. Nicht-EU-)Ausland abgeschlossenen translationswissenschaftlichen Studiums in den Prüfungssprachen der Nostrifizierungsbescheid seitens des zuständigen Bildungsministeriums erforderlich ist.
 

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ZERTIFIZIERUNG "LIGHT" FÜR NICHT-EUROPÄISCHE SPRACHEN

Seit 2021 gibt es gemäß § 14 Z 5a SDG die Möglichkeit, sich als sog. „Gerichtsdolmetscher:in light“ für nicht-europäische Sprachen zertifizieren zu lassen.

ACHTUNG: Türkisch gilt lt. dem BMJ als europäische Sprache und daher ist dafür diese Zertifizierung nicht zulässig.

Für die Zertifizierung "light" entfällt der Prüfungsteil „Schriftliche Übersetzung“, man muss also nur ausreichende Rechtskenntnisse und Dolmetschfähigkeiten nachweisen.

Als „Gerichtsdolmetscher:in light“ ist man lediglich befugt, bei Behörden und Gerichten zu dolmetschen. Man darf keine beglaubigten Übersetzungen anfertigen und kein Siegel führen. Diese eingeschränkte Zertifizierung ist überdiesbefristet und erlischt nach fünf Jahren. Mit der erfolgreichen Ablegung des schriftlichen Teils als ergänzende Prüfung vor Ablauf dieser Zeit wird man vollberechtigte:r Gerichtsdolmetscher:in.

Wenn Sie sich gut vorbereitet und alle Unterlagen gesammelt haben, reichen Sie Ihren Antrag beim Präsidenten bzw. der Präsidentin des Landesgerichtes Ihres Sprengels ein. Diese:r beauftragt die Prüfung Ihrer Eintragungsvoraussetzungen.

TIPP: Informationen über das für Sie zuständige Landesgericht finden Sie hier:

https://justizonline.gv.at/jop/web/gerichtssuche

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PRÜFUNGSVORBEREITUNG

Idealerweise haben Sie ein Studium der Translationswissenschaften an einer Universität absolviert. Falls nicht, müssen Sie sich die erforderlichen Übersetzungs- und Dolmetschkompetenzen im Selbststudium aneignen oder besuchen Sie die von den Berufsverbänden angebotenen Kurse.

Für den Erwerb der sprachlichen Fachkenntnisse empfehlen wir zur Vorbereitung die vom ÖVGD erstellten Arbeits- und Studienbehelfe, die Sie über den Webshop erwerben können.

Zur Vorbereitung empfiehlt sich zusätzlich das Studium von folgenden Unterlagen:

  • Gesetzbücher, juristische Lehrbücher, zwischenstaatliche Abkommen
  • AZR – Abkürzungs- und Zitierregeln der österreichischen Rechtssprache und europarechtlicher Rechtsquellen samt Abkürzungsverzeichnis (MANZ Verlag Wien)
  • ORAC-Skripten (Verlag LexisNexis)

Weiters veranstaltet der ÖVGD mehrmals im Jahr ein eintägiges Vorbereitungsseminar für Eintragungswerber, in dem die wichtigsten Grundlagen für die Ausübung der Tätigkeit als Gerichtsdolmetscher:in erläutert werden. Ebenso werden Grund- und Aufbauseminare für Dolmetsch-/Übersetzungstechniken angeboten. Die aktuellen Termine finden Sie unter Veranstaltungen.

Zusätzlich wird der Besuch von öffentlichen Verhandlungen empfohlen, um einen Einblick über die Strukturen und die bei Gericht üblichen praktischen Abläufe zu gewinnen (siehe Verhandlungskalender bei Gerichten).

Beginnen Sie rechtzeitig mit der Vorbereitung, bevor Sie Ihr Ansuchen abgeben (im Allgemeinen wird – je nach Vorbildung – mindestens ein Jahr zur Aneignung der fachspezifischen Kenntnisse erforderlich sein).

Hier können Sie den kostenfreien „RATGEBER ZUR PRÜFUNGSVORBEREITUNG“ als PDF-Datei herunterladen.

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PRÜFUNG

Liegen alle formalen Voraussetzungen für eine Eintragung vor, werden Sie vom zuständigen Landesgericht zur Zertifizierungsprüfung geladen.

Die Prüfung besteht aus vier Teilen und dauert ca. 3–4 Stunden:

  • Juristischer Fragebogen (Definitionen und Abkürzungen, auf Deutsch)
  • Übersetzen (schriftlich) in beide Richtungen
  • Dolmetschen vom Blatt (mündlich) in beide Richtungen
  • „Simulierte Gerichtsverhandlung“ mit Dolmetschung in beide Richtungen

Seit 2021 gibt es die befristete Zulassung für ausschließlich mündliche Tätigkeiten (ohne Beglaubigungsbefugnis) gem. § 14 Z 5a SDG („Gerichtsdolmetscher:in light“). Dabei entfällt der Prüfungsteil „Übersetzen in beide Richtungen“. Nähere Informationen dazu finden Sie unter „Zulassungsvoraussetzungen“.

 

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Prüfungsgebühr

Die Prüfungsgebühr beträgt EUR 400 ohne Unterschied, ob Sie zu allen Prüfungsteilen antreten oder nur die „Light-Prüfung“ ablegen.

Falls Sie überlegen, sich für mehrere Sprachen zertifizieren zu lassen, so ist es erforderlich, für jede Sprache eine eigene Prüfung abzulegen.

Im Fall eines spätestens drei Tage vor Beginn der Prüfung erklärten Rücktritts des Bewerbers wird ein Viertel der Prüfungsgebühr zurückgezahlt. Gleiches gilt, wenn der Bewerber durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis am rechtzeitigen Erscheinen gehindert war und dies binnen 14 Tagen nach Wegfall des Hindernisses bescheinigt. Andernfalls ist die Prüfungsgebühr in voller Höhe zu entrichten.

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REZERTIFIZIERUNG

Die Zertifizierung und die daraufhin erfolgte Eintragung in die Liste der Gerichtsdolmetscher:innen ist zunächst auf einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Eintragung für die jeweilige Sprache befristet und kann auf Antrag um jeweils fünf weitere Jahre verlängert werden.

Voraussetzung für die Rezertifizierung ist der Nachweis der regelmäßigen Tätigkeit für Gerichte und Behörden und der Absolvierung von Fortbildungsveranstaltungen.